BIM-Evolution: Nächster Halt: Mehr Ausgewogenheit für die Auftragnehmer
Erfreulicherweise gehen (vorwiegend) öffentliche Auftraggeber zunehmend dazu über, Bauprojekte anhand der BIM-Planungsmethodik auszuschreiben. Warum viele Auftragnehmer nach wie vor skeptisch sind und wie diesen Bedenken begegnet werden kann, erfahren Sie in diesem Artikel.
Nächster Halt: Mehr Ausgewogenheit
Öffentliche Auftraggeber gehen zunehmend dazu über, Bauprojekte anhand der BIM-Planungsmethodik auszuschreiben. Nach wie vor scheuen jedoch viele Auftragnehmer vor einer Teilnahme an diesen öffentlichen Ausschreibungen zurück. Eine Evaluierung der Ausschreibungsunterlagen zeigt häufig: Die Bedenken der Auftragnehmer sind berechtigt. Deren Interessen werden nämlich nicht ausgewogen gewürdigt. Der nächste Schritt in der “BIM-Evolution” muss daher lauten: Mehr Ausgewogenheit für die Auftragnehmer.
Schutzwürdige Interessen der Auftragnehmer
Insbesondere hinsichtlich nachstehender Aspekte muss eine höhere Ausgewogenheit bereits in den Ausschreibungsunterlagen angestrebt werden:
- Finanzielle Abgeltung: Dem Auftragnehmer entsteht ein größerer (Planungs-)Aufwand (Koordination, Meetings, Qualitätschecks, Software-Evaluierung, Datenaustausch, Visualisierung). Dieser Aufwand muss angemessen abgegolten werden;
- Gemeinschaftliche Verantwortlichkeit: Wichtige Entscheidungen im Zuge des BIM-Projektes werden gemeinschaftlich durch den Auftraggeber und Auftragnehmer getroffen. Eine (alleinige) Haftungszuweisung auf den Auftragnehmer erscheint daher unangebracht;
- Haftungsausschluss und Haftungsbegrenzung: BIM ist neu. Praktische Erfahrungswerte sind gering. Vor diesem Hintergrund, erscheint es angemessen, einen Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit zu akzeptieren. Ebenso eine Haftungsbegrenzung (bis zur Höhe des Auftragsvolumens respektive der Haftpflichtversicherungssumme);
- Urheberrechte und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse: Auftragnehmer haben die (berechtigte) Sorge, dass deren “geistige Interessen” in BIM-Projekten nicht ausreichend gewürdigt und geschützt werden. Diesen Bedenken ist mit entsprechenden vertragliche Regelungen und technischen Sicherheitsmaßnahmen zu entgegnen;
- Eskalationsmanagement: Wie bereits gesagt: BIM ist neu. Praktische Erfahrungswerte sind gering. Die Wahrscheinlichkeit eines völlig reibungslosen Ablaufes bei Pilotprojekten ist daher eher unwahrscheinlich. Umso wichtiger ist es, außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen zu implementieren.
Lean Management, Partnering und relationale Vertragsgestaltung
BIM ist durch die Eigenschaften “Kooperation“, “Gemeinschaftlichkeit“, “Agilität” und “Transparenz” gekennzeichnet. Die Ausschreibungsunterlagen sollten dies auch entsprechend würdigen. “Harte” Haftungsklauseln, eine Verantwortungszuweisung ausschließlich auf den Auftragnehmer und keine angemessene Berücksichtigung dessen “geistiger Interessen” wirkt vor allem bei Pilotprojekten sehr abschreckend. Gefragt ist vielmehr eine “relationale Vertragsgestaltung” nach den Prinzipien von “Partnering” und “Lean Management“, also eine höhere Prozessorientierung, mehr Incentives anstatt Sanktionen, ein kollektives Management und eine außergerichtliche Streitbereinigung. Gelingt dies, kann die nächste Stufe der BIM-Evolution erklommen werden.
Möglicherweise interessant: Rechtliche Aspekte von BIM
Neuste Beiträge
Praxisrelevante Aspekte des US-amerikanischen Softwarerechts
Wer beruflich mit US-amerikanischen Softwareverträgen „konfrontiert“ ist, sollte die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem österreichischen und...
BIM und Recht
In der altehrwürdigen Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Zeitschrift (ÖIAZ) durfte ich die relevanten rechtlichen Fragestellungen bei...
BIM und Recht
Unternehmenssoftware in der Insolvenz – was nun?
Heute funktioniert kein Unternehmen mehr ohne Software. Software bildet einen wesentlichen Bestandteil der Unternehmensinfrastruktur. Auch in „klassischen“...