Ein wesentliches Element von BIM ist eine erhöhte Transparenz. Das hat den Vorteil, dass Fehler früher entdeckt werden. Vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei. Der Nachteil daran ist, dass die involvierten Personen zum Teil sensible Informationen, wie bspw Geschäftsgeheimnisse, preisgeben (müssen). In diesem Artikel erfahren Sie, wie diese Informationen rechtlich geschützt werden können:
Übersicht der relevanten Gesetze
Geht es um den Schutz sensibler Informationen bei BIM-Projekten, sind drei Gesetze zu beachten:
1) Das Urheberrechtsgesetz („UrhG“);
2) Das Datenschutzrecht (unter anderem die „DSGVO“);
3) Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“)
1) Schutz von Informationen nach dem UrhG:
Das Urheberrechtsgesetz schützt eigentümliche geistige Leistungen. Gerichte haben bereits mehrfach bejaht, dass insbesondere Architektenleistungen als eine solche „eigentümliche geistige Leistung“ geschützt sein können. Der Schutz dieser Leistung entsteht mit dem Akt der Schöpfung – also etwa mit der Fertigstellung eines Planes.
Häufiger Irrtum in der Praxis: Diese „geistigen Leistungen“ müssen in einem Register, etwa dem Patentregister eingetragen werden, um rechtlich geschützt zu sein. Fact-Check: Das ist tatsächlich nicht notwendig – die Leistung ist mit ihrer Schöpfung geschützt und bedarf keinerlei Eintragung.
Folgen für das BIM Projekt: Keinesfalls dürfen andere involvierte BIM-Akteure – insbesondere nicht der Auftraggeber – das urheberrechtlich geschützte Werk ohne weiteres in einem anderen Projekt heranziehen. Vielmehr muss der Inhaber der Werknutzungsrechte entsprechende Verwertungsrechte übertragen. Ein Verstoß gegen das Urheberrecht kann (sehr) ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (Klagen auf Unterlassung, Bereicherung und Schadenersatz) und ist sogar strafrechtlich relevant.
Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wollen geschützt werden
2) Schutz von Informationen nach der DSGVO:
Nachdem bei BIM-Projekten auch personenbezogene Daten ausgetauscht werden (zB E-Mail-Adresse) ist die Datenschutzgrundverordnung zu beachten.
Häufiger Irrtum in der Praxis: „Das dürfen wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht“. Fact-Check: Tatsächlich sind kaum Konstellationen denkbar, wonach das Datenschutzrecht BIM-Projekte verhindert. Das heißt aber selbstverständlich nicht, dass keine entsprechenden rechtlichen Vorkehrungen getroffen werden müssen. Zwischen den BIM-Akteuren muss (meines Erachtens) eine sogenannte Joint-Controllership-Vereinbarung (nach Art 26 DSGVO) und mit den Softwareanbietern ein Auftragsverarbeitervertrag nach Art 28 DSGVO abgeschlossen werden. Weiters müssen Informationspflichten (nach Art 12 ff DSGVO) eingehalten und Verpflichtungen zum Datengeheimnis nach § 6 DSG abgeschlossen werden. Sofern Daten in ein Drittland (zB: USA) übermittelt werden, müssen entsprechende Maßnahmen getroffen werden, wonach die Daten beim Datenempfänger angemessen geschützt sind (Hinweis: Die Autodesk, Inc. ist ein Privacy-Shield-zertifiziertes Unternehmen).
3) Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem UWG:
Alle anderen Informationen, die nicht unter das UrhG (also keine eigentümliche Leistung darstellen) oder die DSGVO (also keine personenbezogenen Daten) fallen, sind grundsätzlich nicht geschützt! Unter gewissen Voraussetzungen können diese Informationen allerdings als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Rechtsschutz genießen (§§ 26a ff UWG).
Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind Informationen, die:
- Geheim, also nicht offenkundig bekannt sind und
- anderen Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht. Das deutsche BVerwG hat zuletzt entschieden (5.3.2020 – 20 F 3/19), dass an exklusivem technischem Wissen (Bauartzulassung, detaillierte gerätespezifische Unterlagen, Konstruktionszeichnungen, Bauteillisten, Erläuterungen des Messprinzips) grundsätzlich ein Geheimhaltungsinteresse besteht und
- diese Informationen Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen sind. Mit anderen Worten: Was nicht angemessen geschützt ist, ist nicht als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis zu qualifizieren.
Praxis-Tipp: Die BIM-Akteure, die ihre Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geschützt haben möchten, sollten klar vertraglich vereinbaren, welche Informationen (ich empfehle eine Auflistung in einer Beilage zum AIA) als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis respektiert werden müssen. Es sollte vereinbart sein, dass eine Nutzung dieser Informationen außerhalb des BIM-Projektes ausschließlich mit Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses erfolgen darf.
Fazit:
BIM-Projekte können ihr volles Potential nur dann entfalten, wenn das erforderliche Vertrauen zwischen den BIM-Akteueren (insbesondere gegenüber dem Auftraggeber) besteht. Ein angemessener Schutz von sensiblen Informationen kann die Rechtssicherheit erhöhen, damit Ängste abbauen und zur Vertrauensbildung beitragen.
Autor: RA Rechtsanwalt Dr. Tobias Tretzmüller, IT-LAW
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Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne unter anfrage@digital-recht.at zur Verfügung.
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