Interessant für: Softwareunternehmen, Programmierer, Open-Source-Community, Nutzer (Käufer oder Mieter) von Software
Abstrakt: Die vorliegende Entscheidung gibt eine Übersicht, wann Programmierer eigenständige Urheberrechte an einer Software erwerben können
In der Entscheidung OLG Hamburg 28.2.2019 – 5 U 146/16 (nicht rechtskräftig) setzte sich dieser mit der Frage auseinander, wann Programmierer eigenständige Urheberrechte an einer bearbeiteten Software erlangen. Diese Entscheidung ist meines Erachtens sehr wichtig – denn sie bringt (mehr) Klarheit in eine bislang nebulöse, gleichzeitig aber auch praktisch hoch relevante, Materie.
- Sachverhalt
Der Kläger ist ein selbstständiger Softwareentwickler. Er arbeitete über mehrere Jahre an der Programmierung des Linux-Betriebssystems mit. Dieses Linux-Betriebssystem unterliegt der Open-Source-Lizenz „GNU General Public License, Version 2“. Er behauptet, dass er eigenständige Urheberrechte an Teilen des Kernels des Linux-Betriebssystem hat. Dadurch, dass die beklagte Partei auch diesen Kernel im Objektcode zum Download bereitgestellt hat, werden seine Urheberrechte verletzt.
- Rechtliche Würdigung
Grundsätzlich können an einzelnen Teilen einer Software eigenständige Urheberrechte bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn sie jedenfalls für den Programmablauf von nicht nur untergeordneter Bedeutung sind und eine eigene Befehlsstruktur haben, die innerhalb eines vorhanden Gestaltungsspielraums Ausdruck individuellen Schaffens sind. Entscheidend ist, dass die Umarbeitung selbst ein eigenschöpferisches Niveau erreicht.
- Urteil
Das Klagebegehren wurde auch in zweiter Instanz zurückgewiesen. Dies deshalb, weil der Kläger nicht beweisen konnte, dass er den im Sinne von Punkt 2. genannten „eigenschöpferischen Beitrag“ geleistet hat.
- Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich: Dokumentation ist ein wesentliches Element des „guten Programmierhandwerkes“ – auch im Eigeninteresse des Programmierers. Sofern der Programmierer eigenständige Urheberrechte behaupten möchte, ist es erforderlich, darzulegen:
- Welche Teile der Software von ihm in welcher Weise umgearbeitet worden sind;
- Inwiefern diese Umarbeitung ein „eigenschöpferisches Niveau“ erreicht;
- Dass dieser Teile von der beklagten Partei rechtswidrigerweise übernommen wurden.
Weiters ist eine hohe Sorgfalt bei der Formulierung des Unterlassungsbegehrens erforderlich.
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