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June 16, 2025

Softwareverträge rechtssicher gestalten: Empfehlungen für die Praxis

Softwareverträge rechtssicher gestalten: Empfehlungen für die Praxis

Softwareverträge rechtssicher gestalten: Empfehlungen für die Praxis

Einleitung

In der dynamischen Welt der Informationstechnologie sind rechtssichere, klare und praktikable Softwareverträge ein zentrales Element jeder erfolgreichen Geschäftsbeziehung. Doch wie nähert man sich der Vertragsgestaltung, wenn „den“ Softwarevertrag gar nicht gibt? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über grundlegende Überlegungen, häufige Fallstricke und Empfehlungen zur Vertragsverhandlung und -auslegung im Bereich von Softwareüberlassungen.

1. Vorüberlegungen: Die Basis für erfolgreiche Vertragsverhandlungen

Bevor es zur eigentlichen Vertragsgestaltung kommt, sollten sich die Vertragspartner zentrale Fragen stellen:

  • Wie flexibel soll das Vertragsverhältnis gestaltet sein?
  • Wie viel Vertrauen wird dem Gegenüber entgegengebracht?
  • Welche Risiken gilt es zu vermeiden oder abzufedern?

Ziel ist, im Geiste guter Zusammenarbeit ein wohlwollendes Vertragsklima zu schaffen. Um den passenden Vertragstyp zu wählen, müssen folgende Aspekte bedacht werden:

  • Handelt es sich um Standard- oder Individualsoftware?
  • Erfolgt die Softwareüberlassung dauerhaft oder nur zeitlich befristet?
  • Wird der Quellcode offengelegt?
  • Wo wird die Software gehostet – on-premise, im eigenen Rechenzentrum oder in der Cloud?
  • Gibt es einen separaten Wartungsvertrag?
  • Wie wird mit Open Source-Komponenten umgegangen?
  • Gibt es besondere Anforderungen wie die Einbindung des Betriebsrats?

2. Es gibt keinen „einheitlichen“ Softwarevertrag

Seit über vier Jahrzehnten beschäftigt die rechtliche Einordnung von Softwareüberlassungsverträgen die Gerichte – mit einem klaren Befund: Jeder Vertrag ist so individuell wie sein Vertragszweck. Der Begriff „Lizenzvertrag“ etwa ist rechtlich wenig hilfreich, weil er weder über den Vertragstyp (Kauf, Miete, eigener Art) noch über die konkreten Hauptpflichten Auskunft gibt.

Praxis-Tipp: Achte bei der Vertragsgestaltung weniger auf Bezeichnungen, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung und den Zweck des Vertrags.

3. Sprache schafft Klarheit – oder Konflikte

Ein zentrales Problem im Softwarerecht: der Umgang mit unbestimmten Begriffen. Begriffe wie „Software-as-a-Service“ (SaaS) oder „Lizenz“ werden oft sehr unterschiedlich interpretiert.

Zitat zum Nachdenken:

„Wenn die Sprache nicht stimmt, so ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist...“ – Konfuzius

Praxis-Tipp: Definiere unklare Begriffe klar im Vertrag, um Missverständnisse zu vermeiden.

4. Der Balanceakt zwischen Komplexität und Verständlichkeit

Ein „perfekter Vertrag“, der jeden erdenklichen Sonderfall abdeckt, ist oft unpraktisch: zu komplex, zu lang, nicht durchsetzbar. Andererseits dürfen wichtige Punkte nicht fehlen.

Praxis-Tipp: Verträge sollen so knapp wie möglich, aber so detailliert wie nötig sein. Denk daran: Ein Vertrag kommuniziert auch die Kultur deines Unternehmens.

5. Vertragsart und Leistungspflichten richtig einordnen

Ob ein Vertrag nach Kaufrecht oder Mietrecht zu beurteilen ist, ergibt sich aus dem Vertragszweck, nicht aus der verwendeten Terminologie. Beispielsweise widersprechen Kündigungsklauseln bei dauerhafter Softwareüberlassung dem Leitbild eines Kaufvertrages.

Praxis-Tipp: Überlege genau, welche Hauptpflichten mit dem Vertrag entstehen – nicht wie er heißt.

6. Strategische Vorentscheidungen für Anbieter

Anbieter müssen früh klären:

  • Wird die Softwareüberlassung über einen einheitlichen Vertrag oder über mehrere getrennte Verträge geregelt?
  • Welcher Vertragstyp ist für den konkreten Fall geeignet?
  • Wie wird Softwarewartung berücksichtigt – als eigene Leistung oder Teil der Überlassung?

Unklare Regelungen oder absichtlich vage Formulierungen können sich später zugunsten des Anbieters auswirken – oft zulasten der Anwender.

7. Vom Technikverständnis zur juristischen Lösung

Viele Fehler entstehen, weil die technischen Gegebenheiten nicht verstanden wurden. Ein vermeintlicher SaaS-Vertrag entpuppt sich bei näherem Hinsehen als On-Premise-Vertrag.

Praxis-Tipp: Zuerst kommt die technische und wirtschaftliche Analyse – erst dann folgt die juristische Bewertung. Oder wie John F. Kennedy sagte:

„Lasst uns nie aus Angst verhandeln, aber lasst uns auch niemals Angst davor haben, zu verhandeln.“

8. Die „5 Werkzeuge“ für bessere Softwareverträge

Vermeide typische Fehler mit diesen fünf Grundsätzen:

  1. Analyse der wirtschaftlichen, ideellen und emotionalen Interessen
  2. Taktisch kluges Vorgehen, auch in ungünstiger Verhandlungsposition
  3. Ergebnisorientierte Verhandlungsführung
  4. Vorsorgliche Streitvermeidung
  5. Klare, aber reduzierte Vertragsstruktur

9. Standardsoftware vs. Individualsoftware

Ein oft unterschätzter Unterschied: Standardsoftware ist für die Masse konzipiert, Individualsoftware für spezifische Anforderungen.

  • Standardsoftware: günstiger, schneller verfügbar, aber weniger flexibel.
  • Individualsoftware: maßgeschneidert, aber teuer und komplex.

10. AGB: Zwischen Rechtssicherheit und Rechtsfalle

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegen in Österreich strengen Anforderungen:

  • Haftungsbeschränkungen müssen deutlich hervorgehoben sein.
  • Gerichtsstandsklauseln müssen handschriftlich oder urkundlich nachgewiesen werden.
  • Die bloße Beifügung von AGB genügt nicht – die Einbeziehung muss deutlich erkennbar sein.

Praxis-Tipp: Achte insbesondere bei internationalen Verträgen auf klare, nachweisbare Gerichtsstandvereinbarungen.

Fazit

Softwareverträge sind ein komplexes, aber beherrschbares Feld – vorausgesetzt, es wird sorgfältig und partnerschaftlich gearbeitet. Klarheit, Verhandlungsgeschick und ein fundiertes technisches Verständnis sind der Schlüssel zu rechtssicheren und tragfähigen Vertragsbeziehungen.

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