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BGH-Urteil zur Zulassungspflicht im Online-Coaching – auch im B2B-Bereich
BGH-Urteil zur Zulassungspflicht im Online-Coaching – auch im B2B-Bereich
Ein Paukenschlag für die digitale Coaching-Branche
Mit Urteil vom 12. Juni 2025 hat der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 109/24) entschieden, dass ein Vertrag über ein Online-Mentoring-Programm nichtig ist, wenn keine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) vorliegt – und zwar auch dann, wenn der Teilnehmer Unternehmer ist. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die gesamte Online-Coaching-Szene, insbesondere im B2B-Bereich.
🔍 Was war passiert?
Ein Teilnehmer hatte ein hochpreisiges „Business-Mentoring-Programm“ gebucht, das über neun Monate hinweg Online-Videos, Live-Calls, Hausaufgaben und persönliche Coachings beinhaltete. Der Anbieter verfügte jedoch nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Zulassung nach § 12 Abs. 1 FernUSG. Der BGH erklärte den Vertrag für nichtig und sprach dem Teilnehmer die Rückzahlung der bereits geleisteten Vergütung zu.
📜 Die rechtlichen Grundlagen: FernUSG im Überblick
Das Fernunterrichtsschutzgesetz regelt den Schutz von Teilnehmern an Fernlehrgängen. Es definiert Fernunterricht in § 1 Abs. 1 wie folgt:
„Fernunterricht […] ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der
- der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und
- der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.“ 1
Die entscheidenden Kriterien:
1. Räumliche Trennung
Online-Videos, aufgezeichnete Live-Calls und asynchrone Inhalte erfüllen dieses Kriterium. Selbst bei Live-Meetings liegt räumliche Trennung vor, wenn Inhalte später abrufbar sind.
2. Überwachung des Lernerfolgs
Dieses Merkmal ist besonders weit auszulegen. Es reicht aus, wenn:
- Teilnehmer Fragen zu Lerninhalten stellen können (z. B. in Calls, per Mail, in Gruppen),
- Hausaufgaben gestellt werden,
- individuelle Rückmeldungen möglich sind.
Entscheidend ist nicht die tatsächliche Durchführung, sondern der vertraglich zugesicherte Anspruch auf Lernkontrolle.
3. Wissensvermittlung
Auch wenn Programme mit „Mindset“, „Persönlichkeitsentwicklung“ oder „Business-Coaching“ beworben werden – sobald strukturierte Lernziele, Module oder Inhalte vermittelt werden, liegt Fernunterricht vor.
💼 Überraschend: FernUSG gilt auch im B2B
Der BGH stellt klar: Das FernUSG schützt nicht nur Verbraucher, sondern alle Teilnehmer, unabhängig davon, ob sie den Vertrag zu privaten oder gewerblichen Zwecken abschließen. Der Begriff „Teilnehmer“ in § 2 FernUSG umfasst jede Person, die einen Fernunterrichtsvertrag abschließt – also auch Unternehmer, Selbstständige und B2B-Kunden
.
⚠️ Konsequenzen für Anbieter
- Zulassungspflicht: Wer Programme mit den oben genannten Merkmalen anbietet, muss eine Zulassung bei der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) beantragen.
- Rückzahlungsrisiko: Verträge ohne Zulassung sind nichtig. Teilnehmer können volle Rückzahlung verlangen – selbst bei bereits erbrachten Leistungen.
- Keine Ausrede durch Coaching-Begriff: Die Bezeichnung als „Mentoring“ oder „Coaching“ schützt nicht vor der Anwendung des FernUSG.
✅ Fazit
Dieses Urteil ist ein Gamechanger für die Online-Coaching-Szene. Anbieter digitaler Programme – ob für Privatpersonen oder Unternehmen – müssen jetzt dringend prüfen:
- Liegt Fernunterricht im Sinne des Gesetzes vor?
- Ist eine Zulassung erforderlich?
- Sind Vertragsinhalte rechtssicher formuliert?
Die Coaching-Branche steht vor einer juristischen Neuausrichtung. Wer jetzt handelt, schützt sich vor rechtlichen Risiken – und stärkt das Vertrauen seiner Kunden.
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