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June 2, 2025

Cloud Switching und Data Act

Cloud Switching und Data Act

Regelungen zum Cloud-Switching: Der Paukenschlag im Data Act

Mit Kapitel VI des Data Acts hat die EU einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Cloud-Diensten eingeleitet. Dieses Kapitel enthält umfassende Regelungen zum sogenannten „Cloud-Switching“ – also dem Wechsel zwischen verschiedenen Cloud-Anbietern oder hin zu On-Premise-Lösungen. Bereits jetzt wird es als Paukenschlag bezeichnet und ersetzt in gewisser Weise die gescheiterte „Free Flow of Data“-Verordnung.

Was ist ein „Datenverarbeitungsdienst“?

Die neuen Verpflichtungen gelten für sogenannte Datenverarbeitungsdienste, wie sie in Art. 2 Z 8 des Data Acts definiert sind. Dabei handelt es sich um digitale Dienste, die Kunden skalierbare, elastische Rechenressourcen zur Verfügung stellen – Cloud-Dienste im klassischen Sinne also.

Erfasst sind damit:

  • Cloud- und Edge-Dienste
  • IaaS (Infrastructure-as-a-Service)
  • PaaS (Platform-as-a-Service)
  • SaaS (Software-as-a-Service)
  • Storage- und Database-as-a-Service

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind nicht ausgenommen, was für viele Anbieter eine erhebliche Herausforderung darstellen dürfte.

Nicht betroffen sind dagegen:

  • Test- und Bewertungsumgebungen (Art. 31 Abs. 2)
  • Spezifisch zugeschnittene Anwendungen (Art. 31 Abs. 1) – wobei umstritten ist, ob Customizing-Lösungen darunterfallen.

„Minimaler Verwaltungsaufwand“ – ein zweischneidiges Kriterium

Ein zentrales Kriterium der Definition ist, dass Dienste mit „minimalem Verwaltungsaufwand“ bereitgestellt werden können. Diese Formulierung ist jedoch problematisch:

  • IT-Anbieter könnten bewusst den Verwaltungsaufwand hoch halten, um dem Anwendungsbereich zu entgehen.
  • Der Begriff bleibt unbestimmt und schwer nachprüfbar.

Es ist wichtig zu verstehen: Der minimale Verwaltungsaufwand bezieht sich nur auf die Bereitstellung des Dienstes, nicht auf den Zugang zu den Daten.

Ziel: Vermeidung von Vendor Lock-in

Das Herzstück der Regelungen ist die Verpflichtung, Hindernisse für den Anbieterwechsel zu beseitigen – seien sie kommerzieller, technischer, vertraglicher oder organisatorischer Natur. Ziel ist es, dass Kunden künftig einfacher wechseln können:

  • zu einem anderen Cloud-Anbieter (Cloud-Switching),
  • zurück ins eigene Rechenzentrum (On-Prem / Insourcing),
  • oder zu mehreren Anbietern gleichzeitig (Multi-Cloud).

Ein Wechsel soll ohne Ausfallzeiten, unangemessene Kosten oder technische Hürden möglich sein. Dabei müssen Anbieter kooperativ und nach Treu und Glauben handeln (Art. 27).

Vertragliche Anforderungen: Transparenz ist Pflicht

Gemäß Art. 25 Data Act müssen Cloud-Anbieter einen schriftlichen Vertrag vorlegen, der u. a. folgende Punkte abdeckt:

  • Export der Daten & digitalen Vermögenswerte
  • Unterstützung beim Wechsel (inkl. Exit-Strategie)
  • Aufklärung über Risiken der Dienstunterbrechung
  • Kündigungsregelungen
  • Datenklassifizierung (übertragbar / nicht übertragbar)
  • Fristen für Datenabruf nach Vertragsende
  • Löschgarantien
  • Informationen zu Wechselentgelten

Zudem gelten umfassende Informationspflichten (Art. 26–30), etwa:

  • Beschreibung der Switching-Verfahren
  • Zugang zu Online-Registern mit Datenformaten und Standards
  • Angaben zur Gerichtsbarkeit und zum staatlichen Zugriffsschutz
  • Aktualitätspflicht der bereitgestellten Informationen

Wechselentgelte: Bald Geschichte

Ein zentraler Anreiz zum Cloud-Wechsel ist die schrittweise Abschaffung von Wechselentgelten:

  • Bis zum 11.01.2027 dürfen nur noch reduzierte Entgelte verlangt werden.
  • Ab dem 12.01.2027 sind alle Wechselentgelte untersagt (Art. 29).

Ausgenommen von diesem Verbot sind:

  • Standarddienstentgelte (z. B. für laufende Nutzung)
  • Vertragsstrafen bei vorzeitiger Kündigung

Nicht erlaubt sind hingegen Datenextraktionsentgelte, also Gebühren für die Herausgabe der Daten – das wird durch Art. 1 Z 36 ausdrücklich klargestellt.

Dennoch bleibt Spielraum für Anbieter, Premium-Services kostenpflichtig anzubieten, etwa:

  • Datenaufbereitung in gewünschtem Format
  • Beschleunigte Migration
  • Echtzeitsynchronisation

Laut Studien liegen die durchschnittlichen Extraktionsentgelte aktuell bei 0,3–6 % der jährlichen Cloud-Kosten – ein erheblicher Kostenfaktor, der künftig wegfallen muss.

Fazit: Chancen und Herausforderungen für den Cloud-Markt

Kapitel VI des Data Acts schafft ein neues Rechtsfundament für echte Datenportabilität. Kunden sollen endlich unabhängig und flexibel agieren können – ohne Lock-in-Effekte.

Für Anbieter bedeutet dies:

  • Mehr Aufwand bei Vertragsgestaltung und Dokumentation
  • Technische Vorkehrungen für Datenportabilität
  • Anpassung von Preismodellen

Wer jetzt aktiv wird, kann die neuen Pflichten als Chance nutzen: Transparente, fair gestaltete Wechselprozesse werden zum Wettbewerbsvorteil im europäischen Cloud-Markt.

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