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June 23, 2025

Die zivilrechtliche Einordnung von Softwareverträgen

Die zivilrechtliche Einordnung von Softwareverträgen

Die zivilrechtliche Einordnung von Softwareverträgen: Kauf, Miete oder doch etwas anderes?

In der täglichen Praxis zeigt sich immer wieder: Viele Unternehmen und Anwender glauben, Standardsoftware schlicht „gekauft“ zu haben. Juristisch ist diese Vorstellung jedoch oft nicht haltbar. Die korrekte zivilrechtliche Einordnung von Softwareverträgen hat erhebliche Auswirkungen auf Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien – insbesondere in Bezug auf Gewährleistung, Nutzung und Kündigungsmöglichkeiten.

Kauf oder Miete? – Die Dauer der Überlassung ist entscheidend

Ob ein Softwarevertrag als Kauf oder Miete zu qualifizieren ist, hängt maßgeblich von der Dauer der eingeräumten Nutzung ab. Wird die Software dem Anwender dauerhaft gegen Einmalzahlung überlassen, spricht vieles für die Anwendung des Kaufvertragsrechts (§§ 1053 ff ABGB). Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat hierzu mehrfach klargestellt, dass bei unbefristeter Überlassung – selbst bei vertraglicher Bezeichnung als „Lizenzvertrag“ – ein Kaufvertrag vorliegt, sofern die Software auf Dauer genutzt werden darf.

Wird hingegen ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht eingeräumt, liegt typischerweise eine Softwaremiete vor. In diesen Fällen endet das Nutzungsrecht mit der Zahlungseinstellung – was rechtlich ganz andere Konsequenzen nach sich zieht.

„Perpetual License“ – ein juristisch relevanter Begriff

Der Begriff der „perpetual license“ ist in der Praxis weit verbreitet. Gemeint ist damit ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht – ein zentrales Kriterium für das Vorliegen eines Kaufvertrages. Es genügt, dass die Software „dauerhaft nutzbar gemacht“ wird. Die Bezeichnung oder formale Vertragsstruktur sind dabei unerheblich.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht, wie es in manchen Lizenzbedingungen vorgesehen ist, ändert an der rechtlichen Qualifikation ebenfalls nichts – es wird bei unbefristeter Überlassung regelmäßig als unwirksam eingestuft.

Ratenzahlung? Kein Problem für den Kaufvertrag

Auch eine gestreckte Zahlung – etwa in Raten – steht der Annahme eines Kaufvertrages nicht entgegen. Entscheidend ist nicht die Zahlungsmodalität, sondern die dauerhafte Überlassung der Software.

Eigentum an Software – eine offene, aber geklärte Frage?

Oft wird die Frage gestellt, ob man an Software überhaupt „Eigentum“ erwerben kann. Die Antwort: Ja. Der EuGH hat in der viel beachteten Entscheidung UsedSoft klargestellt, dass der Erwerber einer unbefristeten Nutzungslizenz gegen Entgelt ein vollwertiges Nutzungsrecht erlangt – inklusive des Rechts auf Weiterveräußerung.

Beschränkungen, wie z. B. das Verbot der Weitergabe in Lizenzverträgen, sind daher häufig unwirksam.

Abgrenzung zu Werk- und Werklieferungsverträgen

Nicht jede Softwareüberlassung ist automatisch ein Kauf. Gerade bei individueller Anpassung oder bei der Erstellung nach spezifischen Kundenwünschen kommt auch ein Werkvertrag oder Werklieferungsvertrag in Betracht. Hier liegt der Schwerpunkt nicht in der dauerhaften Überlassung, sondern in der Herstellung eines spezifischen Werkes.

Wird allerdings eine fertige Standardsoftware gegen Entgelt dauerhaft überlassen, dominiert das Kaufrecht. Selbst umfangreiche Anpassungen (z. B. Parametrisierung) können aber im Einzelfall zur Anwendung des Werkvertragsrechts führen.

Gewährleistung bei Softwarekäufen

Liegt ein Softwarekauf vor, stehen dem Erwerber grundsätzlich Gewährleistungsrechte zu. Wird ein beiderseitiges Unternehmensgeschäft abgeschlossen, ist jedoch besondere Sorgfalt bei der Mängelrüge erforderlich:

  • Der Erwerber muss die Software unverzüglich prüfen und etwaige Mängel rügen.
  • Bei komplexen Systemen gelten Fristen von bis zu drei bis fünf Wochen als angemessen.
  • Die Rüge muss nicht die genaue technische Ursache benennen – es genügt die Beschreibung der mangelhaften Funktion im Arbeitsablauf.

Achtung: Die Rügefrist beginnt erst mit vollständiger Lieferung und Installation – ein wichtiger Punkt bei kombinierten Hardware-Software-Systemen.

Fazit: Vertragsauslegung mit Weitblick

Die rechtliche Qualifikation von Softwareverträgen ist keine bloße Formalie, sondern hat praktische Konsequenzen. Für Anbieter wie auch Anwender lohnt es sich, Verträge im Lichte der aktuellen Rechtsprechung und Lehre genau zu analysieren:

  • Wie lange darf die Software genutzt werden?
  • Gibt es Einschränkungen in den Lizenzbedingungen?
  • Handelt es sich um Standard- oder Individualsoftware?

Für Unternehmen im Bereich IT, Softwareentwicklung oder Vertrieb ist es daher essenziell, Softwareverträge rechtssicher zu gestalten – oder vorab professionell prüfen zu lassen.

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