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January 4, 2023

Software aus rechtlicher Sicht

Software aus rechtlicher Sicht

§ 384 AGBG regelt, was im Falle des Schwärmens von Bienen zu gelten hat. Wer allerdings eine Definition des Begriffes „Software“ in der österreichischen Rechtsordnung sucht, wird enttäuscht. Die Einleitung zu diesem Kapitel soll nicht als Kritik verstanden werden. Die Innovationskraft unserer Spezies ist schlicht zu dynamisch, um Phänome der jeweiligen Zeit in Worte und Gesetze zu fassen. Daher sind Versuche einer Legaldefinition zum Scheitern verurteilt. Um eine praxisfremde Überregulierung zu vermeiden, ist daher ein dynamischer, offener Ansatz der Vorzug zu geben. Man spricht daher von „Technikneutralität“ des ABGB. Bei allem Verständnis dafür, ist diese Lücke nicht unproblematisch. Begriffe wie Cloud-Computing, Software-as-a-Service ja sogar Software selbst, werden teilweise völlig verschieden ausgelegt. Das kann bei Verhandlungen oder Streitigkeiten große Auswirkungen haben.


Grundlagen des Softwarerechts: Software als Sache?


Will man eine Materie von Grund auf durchdringenden, bietet sich zunächst eine Wortinterpretation an. Blickt man in den (elektronischen) Duden, so ist unter Software ein nicht technisch-physikalischer Funktionsbestandteil einer Datenverarbeitungsanlage zu verstehen. Dass eine „Datenverarbeitungsanlage samt Programm“ gekauft werden kann, gilt als unstrittig. Schließlich anerkennt der OGH ausdrücklich, dass sowohl körperliche als auch unkörperliche Sachen mittels Kaufvertrag erworben werden können und somit jedenfalls Standardsoftware auch unabhängig von Hardware Gegenstand eines Kaufvertrages sein kann.

Der deutsche BGH hatte bereits davor eine Software als Sache erklärt. „Entscheidend ist allein, dass es sich auch in diesem Fall um ein auf einem Datenträger verkörpertes Programm und damit eine körperliche Sache handelt.“ Es komme nicht auf die „konkret nicht fassbare Leistung des Programmierers“ an, sondern – letztlich nicht anders als bei einem Druckerzeugnis wie einem Buch – auf die Nutzbarkeit der in einem Speichermedium verkörperten geistigen Leistung. Der BGH hat diese Auffassung im Jahre 2007 erneut bestätigt, soweit Software auf einem Datenträger abgespeichert und damit auf diesem „verkörpert“ ist. Gleichgültig sei, auf welchem Informationsträger die Verkörperung stattfinde, sei es auf einem Wechselspeichermedium, auf einer Festplatte oder auch nur auf einem flüchtigen (stromabhängigen) Speichermedium.

Grundlagen des Softwarerechts: Software und das Urheberrecht


Das zentrale Gesetz im Bereich des Softwarerechts ist das Urheberrechtsgesetz. Doch auch darin wird der Begriff der Software nicht definiert. Auch hier hat der österreichische Gesetzgeber im Sinne einer Technologieneutralität auf eine Definition verzichtet, um zu vermeiden, dass durch das Fortschreiten der Programmiertechnik Schutzlücken entstehen. Allerdings verwendet § 40a UrhG den Begriff des Computerprogramms, ohne diesen jedoch zu definieren. Eine Orientierung bietet jedoch 1 WIPO-Mustervorschriften für den Schutz von Computersoftware. Demnach ist ein Computerprogrammeine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einem maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Tätigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt“. Eine klare Differenzierung zwischen den Begriffen Software, Computerprogramm und Computersoftware gibt es nicht. Zwar ist Software – rechtlich betrachtet – immer ein Computerprogramm; ein Computerprogramm aber nicht stets eine Software. Computerprogramme können vielmehr auch als Firmware oder Embedded Systeme ausgeprägt sein. Dass auch diese Anwendungen als „Computerprogramm“ zu qualifizieren sind, wird auf ErwGr 7 der RL 2009/24/EG gestützt: „Für die Zwecke dieser Richtlinie soll der Begriff „Computerprogramm“ Programme in jeder Form umfassen, auch solche, die in die Hardware integriert sind; dieser Begriff umfasst auch Entwurfsmaterial zur Entwicklung eines Computerprogramms, sofern die Art der vorbereitenden Arbeit die spätere Entstehung eines Computerprogramms zulässt“.

Endgültig fand der Schutz von Computerprogrammen durch die Richtlinie des Rates über den Rechtschutz von Computerprogrammen vom 14.5.1991 und ihrer Umsetzung in den §§ 40a bis 40h UrhG Einzug in das Urheberrecht mit der UrhG-Novelle 1993. Dass das Urheberrecht im Bereich der Computerprogramme auf Unionsrecht beruht ist bemerkenswert. Aufgrund des Harmonisierungsgedankens müssen die Bestimmungen unionskonform interpretiert werden. Dies wiederum führt dazu, dass bspw deutsche Gerichtsentscheidungen eine starke Orientierung für die österreichische Rechtslage bieten. Der urheberrechtliche Schutz von Software ist durch Art 9 Abs 2 TRIPS und Art 10 TRIPS international etabliert. Zudem sind in Art 4 WIPO Copyright Treaty (WCT) „Computerprogramme“ und in Art 2 WCT „Ausdrucksformen“ verankert. Art 4 WCT lautet: „1. Computerprogramme sind als Werke der Literatur im Sinne von Artikel 2 der Berner Übereinkunft geschützt. 2. Dieser Schutz gilt für Computerprogramme unabhängig von der Art und Form ihres Ausdrucks.“ Auch in den USA wie in den meisten anderen Staaten werden Computerprogramme grundsätzlich und vornehmlich nach dem jeweils geltenden Urheberrecht geschützt.


Grundlagen des Softwarerecht: Die Software als Werk der Literatur


§ 40a Abs 1 UrhG entspricht damit Art 1 Abs 3 der Computer-RL. Seither werden Computerprogramme gemäß § 2 Z 1 UrhG als Werke der Literatur qualifiziert.

§ 40a Abs 1 UrhG hält nun ausdrücklich fest, dass Computerprogramme urheberrechtlich geschützt werden, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers sind. Qualitativ oder gar ästhetische Kriterien dürfen dabei nicht herangezogen werden. Vom weiten Anwendungsbereich der §§ 40a ff UrhG sind alle Arten von Computerprogrammen umfasst, unabhängig von Einsatzzweck, Programmiersprache oder Umfang. Auf den jeweiligen Stufen der Entwicklung einer Software entstehenden verschiedene Produkte und Dokumente, die potentiell für sich einen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen können. Eigenschöpferische Tätigkeiten können damit während des gesamten Erstellungsprozess vorliegen. Als Programm geschützt sein können der Quellcode, der Maschinencode sowie das Entwicklungsmaterial. Auch das Design der Oberfläche, der Objektcode und der Quellcode in allen Entwicklungsstufen, die innere Struktur und Organisation von Computerprogrammen; die Anordnung von Befehlsgruppen, Unterprogrammen und Modulen, die konkrete Sammlung, Auswahl und Gliederung der Befehle, die Skripte und das Entwurfsmaterial kann unter Umständen als Werk nach Urheberrechtsgesetz geschützt sein. Das Entwurfsmaterial betrifft Vor- und Zwischenstufen der Softwareentwicklung. Apps für ein Smartphone, Computerspiele oder Tablet können genauso wie einzelne Teile eines Computerprogrammes die schutzbegründenden Voraussetzungen erfüllen. Auch Be-, Um- und Einarbeitungen vorbekannter Elemente und Formen sowie Makros und Skripte können als Computerprogramm urheberrechtlich geschützt sein.

Grundlagen des Softwarerechts: Anknüpfungspunkt Quellcode


Der Quellcode ist dabei das eigentliche Computerprogramm und Hauptanknüpfungspunkt für den urheberrechtlichen Schutz. Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass der Quellcode eines Computerprogrammes auch als Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 26b Abs 1 UWG qualifiziert werden kann. Mit der Einräumung eines Werknutzungsrechts an einer Software ist die Verpflichtung verbunden, den als Geschäftsgeheimnis geschützten Quellcode nicht offenzulegen. Dies gilt auch für den Urheber des Quellcodes, wenn dieser ein solches Werknutzungsrecht (konkludent) eingeräumt hat. Zudem haben Softwareanbieter ein großes Interesse daran, die speziell für einen Auftraggeber programmierten Programme und das darin enthaltene Prozess-Know-Know als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gegenüber seinen Wettbewerbern zu schützen. Dieser Schutz gelingt effektiv durch die Einräumung ausschließlicher Verwertungsrechte, da der Anbieter die Software bei Dritten dann ungeachtet etwaiger Geheimhaltungs- und Nichtverwendungsabreden nicht mehr einsetzen darf.

Irrelevant ist dabei, in welcher Programmiersprache das Programm geschaffen wurde und ob es sich um einen Quellcode oder Objektcode handelt. Das Begleitmaterial wie Handbücher, Bedienungsanleitungen, Wartungsbücher und sonstige Unterlagen gehören dagegen nicht zum Computerprogramm, können aber dennoch ein urheberrechtlich geschütztes Werk darstellen, sofern diese eine eigentümliche geistige Schöpfung darstellen.

Praxis-Input: Definitionen

Begriffe des Softwarerechts sind in aller Regel nicht gesetzlich definiert. Daher ist es wichtig, so präzise wie möglich, ein einheitliches Begriffsverständnis zu schaffen. Dies kann etwa durch eine vertragliche Definition der wichtigsten Begriffe erfolgen.

Key takeaways:

  • Der Gesetzgeber wählt einen technikneutralen Ansatz
  • Das führt dazu, dass selbst Begriffe wie “Software” nicht einheitlich definiert sind
  • Allerdings existieren Definitionen des Begriffes “Computerprogramm
  • Software ist nach überwiegender Lehre eine handelbare Sache
  • Das primäre Schutzgesetz für eine Software ist das Urheberrechtsgesetz
  • Software kann ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Literatur sein
  • Dabei ist der Quellcode der Hauptanknüpfungspunkt
  • Der Quellcode kann auch ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis darstellen

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