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January 4, 2023

Vertrieb von Softwareprodukten – Handelsvertreter oder Vertragshändler?

Vertrieb von Softwareprodukten – Handelsvertreter oder Vertragshändler?

Beim Vertrieb von Software greifen vor allem größere Softwarehersteller auf Vertriebspartner zurück. Der Vertriebspartner steht dabei zwischen dem Softwarehersteller und dem (End-)Kunden. Dabei erbringen sie über den Vertrieb der Software hinaus auch andere IT-Dienstleistungen wie die Implementierung der Software oder den First-Level-Support. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Aspekte typischer Software-Vertriebsmodelle beleuchtet.

Software-Vertrieb: Starker angloamerikanischer Einschlag


Die Vertriebspartner werden in der Praxis pauschal als „Reseller“ bezeichnet. Juristisch betrachtet ist diese Bezeichnung nicht präzise und sogar irreführend. In den seltensten Fällen „verkäuft“ (iSd § 1053 ABGB) der Vertriebspartner nämlich die Software der Hersteller. Nachdem das Nutzungsrecht an der Software regelmäßig nur zeitlich befristet eingeräumt wird, vertreiben die Vertriebspartner in der Regel Software-Mietverträge. Generell sind die Software-Vertriebsmodelle stark durch den angloamerikanischen Rechtsraum geprägt.

Software-Vertrieb: Vertragshändler oder Handelsvertreter?

Generell lassen sich die meisten Softwarevertriebsverträge in zwei Vertragstypen aufteilen:

  • Den Handelsvertretervertrag einerseits
  • und den Vertragshändlervertrag andererseits.

In der Praxis vermischen sich diese beiden Typen jedoch häufig.

Basics: Handelsvertretervertrag


Das Wesen eines Handelsvertretervertrages entspricht einem Vermittler-Modell. Der Vertrag zur Nutzung der Software kommt daher zwischen dem Kunden und dem Softwarehersteller zustande. Der Vertriebspartner hingegen vermittelt nur. Der Handelsvertreter agiert daher in fremdem Namen und auf fremde Rechnung. Daraus folgt auch, dass der Handelsvertreter regelmäßig nicht für etwaige Mängel in der Software gegenüber dem Kunden haftet. Der Kunde hat sich in diesem Fall vielmehr an seinen Vertragspartner zu wenden, also den Softwarehersteller. Das Handelsvertreter-Modell bietet sich dann an, wenn der Hersteller Interesse an einer engen Kundenbindung hat und er dem Vertragspartner nicht die Kontrolle der Endkundenbeziehung überlassen möchte. Handelsvertreterverträge unterliegen dabei in vielfacher Hinsicht rechtlichen Restriktionen. Die Vertragsgestaltungsfreiheit wird insbesondere durch das Handelsvertretergesetz beschränkt.

Basics: Vertragshändlervertrag

Demgegenüber ist der Vertragshändlervertrag (häufig auch als „Eigenhändler“, „Reseller“ oder „Distributor“ bezeichnet) dadurch gekennzeichnet, dass der Vertriebspartner gegenüber dem Kunden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt. Spezielle gesetzliche Regelungen für den Vertragshändler gibt es nicht. Das „Vertragshändlerrecht“ ist durch Rechtsprechung und Vertragspraxis geprägt. In der Rechtsprechung und Schrifttum haben sich die folgenden Eigenschaften zur Identifizierung des Vertragshändlers herausgebildet:

  • Er ist frei in der Preisgestaltung
  • Er übernimmt regelmäßig Werbemaßnahmen für das Softwareprodukt
  • Er hat bzw erarbeitet sich einen eigenen Kundenstamm
  • Das Vertragsverhältnis hat Dauerschuldcharakter
  • Der Vertragshändler agiert auf eigene Rechnung und im eigenen Namen
  • Der Vertragshändler ist in die Verkaufsorganisation des Softwarehersteller eingebunden.

Er ist damit Vertragspartner des Endkunden und überlasst als solcher auch die Software. Zwischen dem Softwarehersteller und dem Endkunden kommt nur ein direktes Vertragsverhältnis zustande, wenn ein direkter Wartungsvertrag abgeschlossen werden sollte. Oftmals wird der Wartungsvertrag vom Vertragshändler, der hierbei dann nur als Handelsvertreter auftritt, vermittelt.

Während der Handelsvertreter einen Umsatz über eine Provision generiert, erzielt der Vertragshändler seinen Gewinn über eine Gewinnmarge zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis der Software.

Die negative Konsequenz für den Vertragshändler ist, dass dieser dem Kunden gegenüber haftungs- und gewährleistungspflichtig ist.

Praxis-Tipp: Aus diesem Grund ist es für den Vertragshändler empfehlenswert, mit dem Softwarehersteller eine Schad- und Klagloserklärung zu vereinbaren, für den Fall, dass der Vertragshändler vom Kunden aufgrund Mängel in der Software belangt wird.

Generell lässt sich festhalten, dass das Handelsvertreter-Modell weniger komplex ist als das Vertragshändler-Modell. Ob das Vertriebsmodell letztendlich als Handelsvertretervertrag oder Vertragshändlervertrag ausgestaltet wird, ist stet einzelfallabhängig und hängt nicht zuletzt damit zusammen, welches unternehmerische Risiko sich der Vertriebspartner aufbürden möchte.

Fazit und Handlungsempfehlung

Abschließend ist festzuhalten, dass Software-Vertriebs-Modelle aus mehreren Gesichtspunkten komplex sind. Faktoren dafür sind ein hohes Maß an Abhängigkeit und regelmäßig stark divergierende Rechtsordnungen bei gleichzeitig dringender Notwendigkeit einer engen, kundenorientierten Zusammenarbeit. Häufig können die Vertriebspartner nur hoffen, dass die Softwarehersteller nicht auf Tauchkurs gehen, wenn es im Verhältnis zum gemeinsamen Endkunden zu ernsthaften Schwierigkeiten kommen sollte. Generell bestehen bei Software-Vertriebsverhältnissen wechselseitig besondere Treuepflichten. Der Erfolg eines auf längere Zeit angelegten Vertriebsverhältnisses hängt wesentlich davon ab, dass beide Vertragspartner ihre wechselseitig voneinander abhängigen Leistungen in bestmöglicher Weise erbringen und dabei die Interessen des anderen Teils berücksichtigen und wahren.

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