Zurück
Zurück zur
Blog-Übersicht
May 9, 2023

Wie sind SaaS-Verträge rechtlich einzuordnen?

Wie sind SaaS-Verträge rechtlich einzuordnen?

Die rechtliche Einordnung von SaaS-Verträgen

 

Die stetige Zunahme an Software-as-a-Service-(„SaaS“)-Vertriebsmodellen bedingt, dass die Miete einer Standardsoftware die praktisch häufigste Form der Softwarenutzung darstellt. Bereits im Jahr 2015 hat derOGH  entschieden, dass bei einerSoftwareüberlassung auf bestimmte Zeit oder unbestimmte Zeit nur mit Kündigungsmöglichkeiten und Rückgabeverpflichtungen bestandrechtliche Regelungen zur Anwendung kommen sollen.

Seit geraumer Zeit setzen Anbieter von Softwareverstärkt auf die mietweise Überlassung von Software. Bei SaaS handelt es sichum ein standardisiertes „One-to-many“-Modell, das für alle Anwender nur einmal abläuft und nicht für jeden Anwender individuell angepasst oder fortentwickelt wird.  Dabei scheint nicht nur der Wunschim Vordergrund zu stehen, die Verbreitung der Software zu kontrollieren undinsbesondere einen „unkontrollierten“ Weiterverkauf ausschließen zu können. Auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist der Umstieg auf Mietmodelle häufig lukrativer. Der wesentliche Vorteil ist dabei, dass im Zugedes Mietmodelles ein sukzessiver Einnahmestrom generiert werden kann.

 

Charakteristika eines Saas-Vertrages

 

Die Miete einer Software unterscheidet sich vom Softwarekauf dadurch, dass das Recht, die Software zu nutzen, zeitlichbeschränkt eingeräumt wird.  Wesentliches Abgrenzungskriterium des Mietvertrages vom Kaufvertrag ist die Überlassung derSoftware auf Zeit. Es muss Einigkeit darüber bestehen, dass die Software vomAnwender ab einem gewissen Zeitpunkt nicht weiter benutzt werden darf, sei es,dass er die Software zurückgeben muss, sei es, dass der Anwender lediglich dazuverpflichtet ist, die Software zu löschen. Eine befristete Laufzeit, Kündigungsrechte und eine Mehrfachvergütungsind Indizien für eine Software-Miete. Vergütungsregelungen, die auf die Nutzungsintensität abstellen, sind dabei zulässig.  Auf eine derartigeSoftware-Miete gelangen die Bestimmungen der §§ 1090 ff ABGB zurAnwendung.  Auch § 1117 ABGB gelangt zur Anwendung. Diese Bestimmung gibt dem Bestandnehmer die Möglichkeit, den Vertrag auch vor Ende der bedungenen Laufzeit zu beenden, wenn die Bestandsache zum bedungenen Gebrauch untauglich wird oder ein beträchtlicher Teil davon durchZufall auf längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird.

Die Rechtsmeinung, wonach ein SaaS-Verhältnisweitgehend dem Mietvertragsrecht unterliegt, wird aber letztlich überwiegendgeteilt.  Diese Einschätzung kann auf dieAnwendungen SaaS, PaaS und IaaS übertragen werden.  Voraussetzung dafür ist eine Sachqualität derSoftware, die auch bei Download, also ohne Datenträger, anerkannt ist.  Eine mietvertragliche Einordnung scheitert nicht daran, dass das Mietrecht eine Überlassung einer Mietsache vorschreibt. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, dasseine auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware als bewegliche Sache zubehandeln ist. Auch das Zurverfügungstellen von Speicherplatz in der Cloud des Servicegebers soll laut dem Bundesgerichtshof Sachqualität haben, sodass auch hier eine mietvertragliche Einordnung angenommen werden kann.

 

Konsequenzen aus dieser Qualifikation von SaaS-Verträgen

 

Für den Anwender bedeutet dies jedenfalls, dass kein Eigentum an der Software erworben wird. Ob Miete oder Kauf für das Unternehmen ökonomischer ist, ist letztlich auch eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Ein „Ausbau“ des Vertrages im Einzelfall zu einem „Mietkauf“, bei welchem dem Anwender das Recht eingeräumt wird, die Sache unter Anrechnung der bishergeleisteten Miete zu erwerben, ist aus juristischer Sicht ohne weiteresmöglich. Aus steuerrechtlichen Gründen wird außerdem oft die Vertragsform des IT-Leasings gewählt.

Als Vorteile einer Software-Miete für den Anwender werden genannt:

•        Es kann mit ihr eine Übergangsphase überbrückt werden. Es fallen demnach keine einmaligen, hohen Investitionskosten an, sie hat also betriebswirtschaftliche Vorteile.

•        Es kannauch liquiditäts schwächeren Unternehmen die Möglichkeit der Nutzung gegebenwerden.

•        Nach §1096 ABGB muss der Vermieter das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbaremZustand übergeben und erhalten. Es entspricht dem Charakter eines Dauerschuldverhältnisses, dass die Erhaltungspflicht während der gesamten Dauerdes Bestandverhältnisses besteht.

•        Es entspricht dem Wesen des Mietvertrages, dass für die Zeit der allfälligenUnbrauchbarkeit des Mietgegenstandes, die der Mieter nicht verschuldet hat, kein Mietentgelt zu leisten ist.

•        Daraus resultiert, dass auch bei eingeschränkter Benützung unter den gleichen Voraussetzungen das Mietentgelt entsprechen zu kürzen ist.

 

Zum Autor:

Dr. Tobias Tretzmüller, LLM (IT-LAW), B.A. ist Rechtsanwalt mit Fokus auf den Bereich des Softwarerechts. Er ist auf IT-Vertragsgestaltung, IT-Streitigkeiten, E-Commerce, Markenrecht, neue Technologien (Blockchain, KI)sowie Datenschutzrecht spezialisiert. Umfassende Lehr- und Vortragstätigkeiten sowie Publikationen in einschlägigen Medien (Handbuch Softwarerecht im Linde-Verlag).

Zurück
Zurück zur
Blog-Übersicht